Was wäre, wenn ein weiser alter Mann zu dir kommen würde und dir anbietet, dass er dich zu unvorstellbarem Glück und innerem Reichtum führen, der alle deine tiefsten Sehnsüchte und Wünsche erfüllen würde? Was wenn er dir sagt, dass der Weg dorthin einfach ist, man aber immer das Gefühl haben wird, in die falsche Richtung zu gehen und einen dazu bringen will, wieder umzukehren? Würdest du den Weg trotzdem gehen? Was bist du bereit zu tun, um dich wirklich von den Fesseln der Vergangenheit zu befreien und vollkommen erfüllt hier und jetzt zu leben?
Die Zeit der Authentizität
Wir leben in einer fantastischen Zeit, der besten Zeit und der wahrscheinlich wichtigsten Zeit in der Entwicklung der Menschheit. Du guckst dich draußen um und kannst nur mit dem Kopf schütteln, „wenn das die beste Zeit sein soll, dann bring mich bitte schnellstens hier weg!“
Ja, die beste und bedeutsamste Zeit der Menschheit muss nicht gleichbedeutend mit einer einfachen, harmonischen und friedvollen Welt sein. Das kommt erst nach und nach.
Was diese Zeit uns jetzt aber anbietet, ist vollkommene innere Freiheit, absolute Glückseligkeit und vollkommenen, ungehinderten Selbstausdruck aus der Tiefe unseres Herzens. Ein erblühen der Welt, erst individuell und dann kollektiv.
Eine Zeit in der jeder von uns vollkommen ehrlich und ohne Masken, Spielchen und Täuschungen leben kann. Mit einer ungeahnten inneren Leichtigkeit, Freude am Leben und Spaß an den kleinen Dingen.
Das klingt zu schön um wahr zu sein? Dann lasst uns das ganze Mal genauer anschauen..
Das Erwachen des Herzens
Ich habe es neulich schon ein einem Video gesagt, das Problem der Menschheit ist eigentlich ganz einfach:
„Wir denken zu viel und fühlen zu wenig“
Wir sind chronische Überdenker, schlafen und entspannen nicht wegen konstanter Sorgen und Gedankenstürme, Zweifeln an uns, machen uns innerlich fertig, kritisieren und werten alles ab und am wichtigsten, wir verlieren damit den Kontakt zu uns selbst!
Der Mensch ist im 21. Jahrhundert an der Speerspitze der Evolution, ob technologisch, wissenschaftlich oder medizinisch. All diese Dinge haben unseren Lebensstandard und Lebensqualität in unvorstellbare Höhen erhoben. Der westliche Mensch hat alles, was er jemals zum Leben brauchen wird.
Trotz dieser Fülle an Komfort, Wissen und Technologischer Unterstützung gibt es eine große Leere in den meisten von uns.
Eine emotionale Leere, eine spirituelle Leere, eine ewig dunkle Leere.
Da ist etwas in uns, etwas Gruseliges, etwas Unheimliches. Wir probieren so gut es geht zu überspielen, zu verstecken und Wegzureden. Hin und wieder gibt es Momente, in den uns dieser tiefe, ewige Schlund in uns bewusst wird. Aus Schock wird schnell Verleugnung. Wenn man nur lange genug wegschaut, wird es schon irgendwann verschwinden…
In meinem Verständnis ist dieser tiefe dunkle Abgrund in uns der Schlüssel zu wahrer Veränderung, Erfüllung und einer Welt, die in Harmonie und Frieden lebt. Doch wie kann das sein?
Dein wahres Selbst
Wer bist du wirklich? Wer bist du, wenn du schläfst? Wer bist du, wenn dein Körper stirbt? Wer bist du jetzt? Wer bist du gleich? Wer oder was ist immer da?
Die Fragen aller Fragen haben den Menschen seit jeher bewegt und heute ist die Frage umso wichtiger und die Antwort umso deutlicher erlebbar. Jeder wird diese Fragen für sich selbst klären, seine eigene Erfahrungen und Erlebnisse machen, seinen eigenen Kontakt zu seiner wahren Natur finden. Das ist, was in meinen Augen die moderne Spiritualität auszeichnet.
Wozu uns das Leben, diese Zeit gerade alle einlädt, ist es uns mit diesem wahren Selbst zu verbinden, der Stille in dir, die ewige Präsenz, die dein Leben umhüllt. Es geht darum, uns ganz und ohne Einschränkungen zu erleben, zu fühlen, zu spüren und anzunehmen. Das Meer an Bewusstheit, welches unserer wahren Natur entspricht, will sich ausbreiten, will alle Ebenen und Bereiche deines Seins füllen und eins werden lassen, will alles Hochschwemmen, was verloren geglaubt war und aus innerem Chaos und Zerrückung ein friedvoll, rauschendes Meer formen lassen.
Doch wenn es das wahre Selbst gibt, was ist dann das „falsche Selbst“?
Das graue Selbst
Das graue Selbst ist der Teil, den die meisten von uns als ihr wahres Selbst erleben. Es gibt gar keine Konkurrenz dazu, es gibt aus der Sicht des grauen Selbst, nichts anderes. Es ist alles was es gibt, das Absolute.
Es ist der Teil der Persönlichkeit, der seit einigen Jahren unter dem Namen „Ego“ größere Bekanntheit bekommen hat. Doch warum nenne ich es dann nicht aus so?
Diese Bezeichnung ist mittlerweile so voller Anhaftungen, Bewertungen und Urteilen, dass sie ihre wahre Bedeutung verloren hat. Die Wahrheit, auf die die Bezeichnung des „Egos“ aufmerksam machen sollte, hat sich mittlerweile verrannt und ist in meiner Wahrnehmung zu einem neuen Teil der „Ego-Identität“ geworden.
Das graue Selbst soll vielmehr darauf hindeuten, dass das erleben in dieser Realität eher grau und mittelmäßig ist. Im besten Fall ist alles Okay und vielleicht mal sogar gut, im Schlimmsten Fall folgt uns konstant eine graue Wolke umher und wir wissen nicht, warum oder wieso. Da das graue Selbst nur ein Teil des wahren Selbst ist, kann es auch nur einen Teil der Magie, Lebensfreude und Erfüllung bieten.
Das graue Selbst ist ein unschätzbarer Teil unseres Selbst. Es ist der Teil, der für uns da war, als es niemand anders war. Er hat uns geholfen, mit unvorstellbarem Schmerz und traumatischen Erlebnissen in der Kindheit fertig zu werden und voran zukommen. Es ist durch die Kraft des grauen Selbst, dass wir unsere ersten Lebensjahre überlebt haben, auch wenn dass eine innere Zerrüttung in uns hervorgerufen hat. Einen tiefen, dunklen Abgrund.
Das graue Selbst hat sich vor uns gestellt, wenn wir als Kind mit Gefühlen oder Situationen so überfordert waren, dass wir uns nicht zu helfen wussten. Das graue Selbst war da, wenn unserer tiefsten Bedürfnisse nach Nähe, Zuneigung und Wertschätzung nicht erfüllt wurden.
Wir müssen keine schlechte Kindheit erlebt haben, um dennoch tiefe Wunden davon getragen zu haben. Als Kind können wir z.B. nicht zwischen uns und unserer Umgebung unterscheiden. Wenn die Eltern sich streiten, muss es an mir liegen. Wenn Mama gerade keine Kraft hat, mich zu umarmen oder bei mir zu sein, muss dass wohl an mir liegen. Wenn ich schreie und schreie, aber niemand versteht was ich brauche, muss das wohl an mir liegen. Die Liste ließe sich ewig weiterführen.
Ein Überlebensmechanimus wendet sich gegen einen
Das graue Selbst hat also folgende wichtige Funktion übernommen und durchgeführt:
- Bei überfordernden, emotionalen Krisen hat das graue Selbst dafür gesorgt, dass das momentane Gefühl unterdrückt wird, damit „wir“ in diesem Moment weiter existieren können, ohne von dieser bedrückenden Emotion zerfressen zu werden. Beispiel: Wir sind 3 Jahre und mit unseren Eltern in der Stadt einkaufen. IM Kaufhaus laufen wir einfach rum und unsere Eltern verlieren uns aus den Augen. Nach zwanzig Minuten finden sie uns wieder, Papa packt uns und schreit uns an, wie wir nur einfach abhauen können, hier sind so viele Leute etc. Das Papa panisch und voller Angst war, wissen wir als Kind nicht, dass sein Lautwerden und direkt reden ein Mechanismus aus seiner Kindheit und von seinem Vater ist, wissen wir nicht. Alles was wir wissen, ist das wir etwas falsch gemacht haben, mit uns etwas nicht stimmt und dieses Gefühl das auftaucht, so intensiv ist, dass wir nicht wissen damit umzugehen. Hier greift das graue Selbst, das Erlebnis samt Gefühl wird unterdrückt und wir können den Tag weiter machen.
- Es hat Rückschlüsse daraus über uns und unsere Umwelt gezogen, Glaubenssätze haben sich gebildet. Diese tiefen Pfeiler unseres Selbst sind der Versuch zukünftigen Leid aus dem Weg zu gehen und uns den Erwartungen unserer am nahestehenden Personen hinzugeben, um ihre Sicherheit, Liebe und Zuwendung zu sichern. Die Glaubenssätze sind eine Form des Selbstschutzes. Wenn ich somit einer ähnlichen Situation aus dem Weg gehen kann, werde ich nicht wieder verletzt. Beispiel: Aus dem vorherigen Beispiel bildet sich der Glaubenssatz „Wenn ich von Papa weggehe, passiert nur schlimmes“ oder „Wenn ich nicht mache, was Papa will, schreit er mich an und ich fühle mich wertlos, falsch und als ob ich keine Liebe verdiene oder generell „Wenn ich alleine umher gehe, passiert was schlimmes und ich werde einsam sein“.
- Vor allem später bilden sich aus diesen Glaubenssätzen oder auch der konstante Rückmeldung unserer Eltern und der Umwelt, ein innerer Kontrollmechanismus. Dort werden Aussagen anderer oder die gebildeteren Glaubenssätze internalisiert, das heißt Teil der eigenen Identität und Gedankenwelt. Aus dem Versuch heraus uns vor weiterem Leid und unvorhersehbaren Situationen zu bewahren, kommen auf Gedankenebene die gleichen Tonbänder in Dauerschleife, um uns ja bewusst zu machen, wie gefährlich es wäre, vom Weg der Erwartungen anderer abzukommen. Nach einigen Jahren werden diese ständig laufenden Tonbänder gar nicht mehr wahrgenommen, sondern gehen in ein Grundrauschen über. Diese Selbstkritik und Beleidigung ist härter als je eine andere Person mit uns umgehen würde und ist eine Verkettung von allen negativen Rückmeldungen, Vorwürfen, Urteilen und Beleidigungen. Die Überzeugung des grauen Selbst ist, wenn ich mich als erster kaistiere, fertig mache und herunter putze, muss ich nicht den Schmerz der Verletzung erleben, wenn andere das machen und mich damit überrumpeln und überfordern. Beispiel: Nach dem Abitur haben wir angefangen Jura zu studieren, wie unser Vater auch. Die Überzeugung war, das wir so seine Zuwendung und Liebe bekommen und der Wut und damit Abspaltung von der Liebe, nach der wir uns so sehnen, aus dem Weg gehen können. Wir entscheiden also aus Glaubenssätzen und Erlebnissen heraus, die viele Jahre zurück liegen.
- Auch wenn wir erwachsen sind, führt das graue Selbst seine Aufgabe fort, die damals unterdrückten und ungezählten, umintegrierten Situationen und Gefühle zu unterdrücken, wegzusperren und uns mit der Aufmerksamkeit auf irgendwas anderes zu lenken. Irgendwas. Damit will es uns nicht absichtlich von Teilen von uns fern halten, sondern es geht nur mit vollster Gerissenheit an seine Aufgabe. Seine Aufgabe war Selbstschutz und Abspaltung und das wird es auch weiter tun, immer und jeden Tag.
- Durch die Verwaltung der Gefühle, vor allem der unterdrückten und der Gedankenwelt übt das graue Selbst Kontrolle auf unser Leben aus. Das ist Teil seiner Aufgabe, es hat in seinen Augen alles in der Hand, wenn es nicht aufpasst, wird wieder igendwas schief gehen, wenn es nicht wachsam ist, kann aus dem nichts wieder eine emotionale Krise hereinbrechen. Durch konstante Gedanken, Tagträume, Sorgen machen und Selbstkritik, hält es diesen Mechanismus am laufen.
Dies sind die wichtigsten Aufgaben des grauen Selbst. Natürlich gibt es hier so viel Verstrickungen, Überschneidungen und andere Ausprägungen, dass es den Rahmen dieses schon recht langen Artikels überschreitet würde.
Wichtig ist nur zu verstehen, dass das graue Selbst nicht böswillig handelt und uns nicht aus Spaß an der Sache klein hält und fertig macht. Viel mehr ist es einer der wichtigsten Freunde und Helfer unseres noch jungen Lebens gewesen. Eine schützende Hand, als wir sie noch nicht selber hatten.
Problematischer ist vielmehr, dass dieser Freund jetzt unwissentlich unser Leben weiter maßgeblich beeinflusst und kontrolliert. Was uns früher geholfen hat zu überleben, macht uns jetzt aber das Leben schwer. Jetzt ist es wichtig, dass wir einen Teil in uns aufspüren, der immer da ist, der nichts anderes als Zuwendung, Vertrauen und Harmonie ist und genau das in unser Leben bringen will.
Der Kampf zwischen grauen und wahren Selbst
Für das graue Selbst ist die alleinige Existenz eines „anderen Selbst“ eine Unmöglichkeit und ein angriff der abzublocken gilt. Teil der Existenz des grauen Selbst ist die absolute Kontrolle, da kann es niemanden anderes geben.
Für das wahre Selbst ist das alles kein Problem. Es weiß, dass das graue Selbst Teil des wahren Selbst ist. Es weiß, dass sich am Ende beide verbinden, Einswerden und die Harmonie und Einheit des Lebens auf individueller ebene erlebbar machen. Die besondere Zeit in der wir leben.
Wo das wahre Selbst offen, annehmen und voller Zuwendung Verständnis für alle Teile in uns ist, will das graue Selbst abblocken uns davon abhalten, zu genau hinzuschauen, zu tief in uns zu buddeln, zu weit in uns reinzugehen. Mit allen erlernten Tricks und Kniffen versucht es dies Offenheit abzublocken. Wie könnte es das auch zulassen, es ist das Gegenteil von seiner Aufgabe. Es soll ja die weggedrängten Teile dort lassen, es soll ja die inneren Urteile weiter am Laufen halten, um nicht noch mehr Leid von außen reinzulassen.
Das wahre Selbst ruft alles zu sich, will alles verdienen, zueinander bringen und damit in Harmonie und inneres Gleichgewicht. Wenn ein Teil unterdrückt ist, ist er nicht Tiel des ganzen. Durch die Offenheit des wahren Selbst können wir uns tief fühlen und auch den tiefsten Schmerz in uns wahrnehmen. Durch die Zuwendung und Zärtlichkeit können wir uns diesem Gefühl zuwenden und es sich vollkommen ausdrücken lassen. Durch das tiefe Vertrauen und Verbindung mit der Unendlichkeit wissen wir, dass jedes Leid vorüber geht, das jeder Schmerz geheilt werden kann und in jeder Dunkelheit auch Licht herrscht.
Das Geschenk dieser Zeit
Nicht nur, dass solche Konzepte Vorstellungen und Praktiken heute jedem zugänglich sind, der danach sucht, macht das ganze besonders. Zusätzlich gibt es nämlich so viele verschiedene Lehrer, die ihren eigenen Ansatz haben, ihre eigenen Worte und somit für jeden den Schlüssel für das Tor zum wahren Selbst anbieten.
Noch nie in der zeit des Menschen gab es vom Universum so viel Energie, die uns dabei hilft, uns dieser beiden teile unseres Selbst bewusst zu werden. Nur durch Bewusstheit und Klarheit können wir beide Teile in uns entdecken, wahrnehmen und spüren. Beide teile sind wichtig, beide Teile sind Teil von uns, doch nur ein Teil wird diese Zeit überstehen.
Unser wahres Selbst wird mit jedem Tag deutlicher, will immer mehr gespürt und wahrgenommen werden und damit wird auch das graue Selbst immer deutlicher. Hier wird auf tiefste Ebene der Persönlichkeit gearbeitet. Das gerade Sinnkrisen an der Tagesordnung sind, ist also ganz natürlich.
Gerade dieser scheinbare Kampf zwischen grauem und wahren Selbst, kann bei Unbewusstheit und ohne innere Klarheit sehr überfordernd und schwierig wirken. Es ist also ungemein wichtig, Zeiten zur Besinnung, inneren ruhe und Klarheit zu finden. Raus in die Natur und die ewige Stille des wahren Selbst auf tiefster Ebene spüren. Kontakt mit der eigenen Gefühlswelt finden, Verständniss und Zuwendung für das graue Selbst entwickeln, das innere Kind kennenlernen und integrieren.
Es sind die besten Zeiten, aber auch die herausforderndsten. Doch du hast die Wahl. Das Leben bietet dir gerade alles an, was du brauchst, um die mit deiner tieferen Wahrheit zu verbinden, dir deines grauen Selbst bewusst zu werden und beide Teile zu verbinden, in Liebe, Offenheit und Annahme. Der Prozess ist umso leichter, desto eher wir willens sind uns wirklich zu fühlen, bei uns zu sein und alles zu hinterfragen. Es führt uns dahin wo wir schon immer hinwollten. Zu unserem wahren zu Hause, unserem wahren Selbst, unserer Unendlichkeit.
Comment
Lieber Tim,
So super beschrieben, die eigenen Muster und wie sie entstanden sind, werden verständlich, es müssen gar nicht immer die großen Traumata gewesen sein, es reicht der „ganz normale Wahnsinn dieser Welt“. Viele Schritte beschreibst du, wie es dazu gekommen ist, ich fand mich darin sehr gut wieder. Dadurch kommt Verständnis für sich selbst und Milde.
Danke, eine gute Zeit dir