Wir alle kennen die kritischen Stimmen im Kopf, die unser Verhalten, unsere Gedanken und Vorhaben kritisieren. Oft sind uns diese kritischen Einflüsse in unserem Verstand gar nicht bewusst und agieren aus dem Schatten heraus und beeinflussen so maßgeblich unseren Alltag.
Auf dem Weg der Selbsterkenntnis werden diese Anteile bewusster erlebt, durch Achtsamkeitsübungen entsteht mehr innere Klarheit und Raum, diesem negativen Einfluss zu entgehen. Ein weiterer wichtiger Schritt ist getan, wenn das Ego nicht mehr unbewusst agiert und wir die Auswirkungen dieser Wahrnehmung des Lebens bewusst erleben und so mehr Klarheit und Selbstwirksamkeit entwickeln.
Der erste Impuls ist dann oft, gegen diesen inneren Mechanismus der Selbstkritik anzugehen, ihn zu verdrängen und seine Vorwürfe wegzuschieben. Das kann für den Moment funktionieren, doch wie ein Ball der unter Wasser gedrückt wird, taucht dieser dann zu einem unbewussten Moment dafür wieder mit voller Kraft auf.
Alle Seiten, Anteile und Dynamiken in uns haben zu einem Zeitpunkt unseres Lebens (meist frühkindlich) eine wichtige Rolle im Überleben und der Anpassung an eine, nicht immer sichere, Umgebung gespielt. Der Innere Kritiker ist eine Facette des Egos, die Urteile, Erwartungen und Verhaltensweisen die uns bewusst oder unbewusst gespiegelt wurden, verinnerlicht hat und daraus einen Selbstschutzmechanismus erschaffen hat.
Wenn z.B. die Botschaft eines Elternteils war, dass es gefährlich ist auf Bäume zu klettern und den eigenen Körper in verschiedenen Situationen auszuprobieren und eigene Grenzen zu erfahren, kann sich der Glaubenssatz bilden „Die Welt ist gefährlich und ich bin ihr hilflos ausgesetzt“. Die Entstehung dieses Glaubenssatzes war wichtig, denn nun sind wir als Kind nicht mehr in der Gefahr, die Zuneigung und Liebe unserer Bezugspersonen zu verlieren, in dem wir gegen ihre Erwartungen, Vorstellungen und Warnungen leben.
Wenn wir erwachsen sind und in eine Situation kommen, etwas Neues auszuprobieren, neue Abenteuer zu bestreiten oder neue Erfahrungen zu sammeln, zeigt sich diese kritische Stimme dann wieder. „Wie du willst Motorradfahren lernen, bist du verrückt, das ist gefährlich du kriegst das niemals hin, das wird dich umbringen“.
Der gutgemeinte Glaubenssatz von früher wurde Teil der Identität des Inneren Kritiker der nun auch im Erwachsenenalter diese von außen (Eltern) erfahrenen Warnungen und Urteile „internalisiert“ hat und als Teil der eigenen Realität weiter lebt. Unsere Eltern, Freunde oder Feinde von früher leben also in uns weiter und urteilen über uns. Und das aus einem ehemals gut gemeinten Selbstschutz nach dem Motto „wenn ich mich zuerst klein mache/halte beschütze ich mich vor bedrohlichen Gefahren“. Dass die Erwachsenen Realität aber nicht mehr mit der Kindheit übereinstimmt, spielt für den kritischen Teil in uns dabei keine Rolle.
Gleiches gilt für das Erlernen eines neuen Hobbys oder einer Veränderung im Beruf. Wenn die Rückmeldung unserer Umwelt die Entwicklung eines gesunden Selbstwertes untergraben hat, gibt es immer einen daraus entstehenden Teil in einem, der neues, nicht-vertrautes und potenziell gefährliches ablehnt und uns durch Kritik und Beschämung in unserer Wohlfühl-Zone hält und damit seiner Aufgabe gewissenhaft nachkommt. Die Intention mag einmal notwendig gewesen ein, als Erwachsener begrenzt sie uns aber, hält uns klein und von unserem Leben im wahren Sein ab.
Auch Wertungen über unser Aussehen oder unsere Fähigkeiten, auch von Lehrer, Mitschülern oder Verwandten werden internalisiert, zum Teil der eigenen Realität.
„Wenn ich mich fertig mache und kritisiere, bevor es jemand anderes macht, schütze ich mich von der Kritik und Anfeindung anderer“.
Das dadurch ein konstant bedrohliches und angespanntes Lebensumfeld innerlich erschaffen wird, ist in diesem Moment nicht bewusst.
Hier braucht es also viel Bewusstheit, Empathie und Mitgefühl. Nicht nur für einen Selbst, der früher viel Leid und Schmerz erlebt hat, sondern auch für das Ego, bzw. den Inneren Kritiker, der uns früher geholfen hat zu überleben und uns anzupassen. Er ist damit kein innerer Feind, der unser Leben zur Hölle machen will, sondern ein (etwas fehlgeleiteter) Begleiter in der eigenen Entwicklung.
Teil der Selbsterkenntnis ist das „loslassen“ des Egos mit seiner kontrollierenden Schutzfunktion. Wenn genug Selbstregulierung, innere Stabilität und ein gesunder Selbstwert Teil der neuen Realität werden, braucht es diesen alten Begleiter in dieser Funktion nicht mehr. Das ist der Beginn innerer Einheit, wahrer Erfüllung und dem was man als Erleuchtung beschreiben kann.
Hast du Fragen, Kritik oder Rückmeldung schreib mir doch einfach hier einen Kommentar.
Schreibe einen Kommentar